Wir haben uns damit beschäftigt, welche Auswirkungen Schülerprojekte auf die Adressaten der Projektaktivitäten haben.
Werden Sie durch das Projekt zum Nachdenken angeregt? Hat das Projekt Auswirkungen auf ihr Verhalten? Konnten wir die teilnehmenden Schüler für unser Anliegen und das Thema sensibilisieren?
Diese Fragen haben wir nun geklärt, indem wir eure Antworten aus den Fragebögen in Gruppen ausgewertet haben. Um die Ergebnisse besser zu veranschaulichen, haben wir fleißig Grafiken erstellt.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern der Befragung.
Vorab zur Erinnerung noch drei Bilder des damaligen Projekts - im Anschluss dann unsere Auswertung der Evaluationsbefragung...
Nun zu den Ergebnissen der Befragung...
Von den 341 befragten Schülerinnen und Schülern der B4 und B14 in Nürnberg gaben 44% (in absoluten Zahlen: 150 Personen) an, an der Aktion "Weisser Ring“ am 29.04.2012 teilgenommen zu haben. 150 Personen entsprechen etwa 15% der damaligen Teilnehmer am Aktionstag.
Die geringe Zahl der ereichten Teilnehmer resultiert aus dem Sachverhalt, dass wir eine Berufsschule sind und die meisten Schüler inzwischen schon nicht mehr Schule sind. Etwa die Hälfter der Schüler ist inzwischen an einer anderen Schule in einem anderen Stadtteil. Und viele Schüler sind inzwischen auch in anderen Klassen, haben an anderen Tagen Unterricht, haben ihre Lehrzeit verkürzt usw., so dass es schwierig war, die Teilnehmer einer Aktion zu erreichen, die neun Monate vorher stattgefunden hat.
Von diesen Teilnehmern erinnern sich 87% richtigerweise daran, dass als Höhepunkt ein weißer Ring um die Schulgebäude B4/14 gebildet wurde. Die restlichen Teilnehmer haben entweder keine Erinnerung mehr an die Aktion oder falsche Erinnerungen. Beispielsweise wurden keine weißen Luftballons steigen gelassen.
Alle befragten Schüler, die sich nicht mehr an den richtigen Inhalt der Aktion erinnern konnten, haben wir den Nichtteilnehmern zugeordnet, da wir davon ausgehen, dass sie dann auch nicht wirklich am "Mega-Event" des Projekts teilgenommen haben.
Mehr als 40% erinnern sich an den Banner über dem Schulgebäude der B4/14, der auch heute noch dort hängt; zumindest 27% noch an die zwei Lautsprecherdruchsagen.
Komischerweise erinnern sich aber einige Schüler auch an Aktionen, die überhaupt nicht stattgefunden haben. Diese 10% haben wir in dem Punkt „falsche/keine Erinnerungen“ zusammengefasst. Die Schüler gaben hierbei z.B. an, dass sie sich an ein Live-Konzert oder Fotos von den Opfern erinnern konnten. Beides gab es aber im Rahmen des Projekts nicht.
Der Bekanntheitsgrad der Organisation "Weisser Ring" erhöhte sich durch die Teilnahme an der Aktion deutlich, wie die folgenden Abbildungen zeigen (9% auf 81% bzw. 1ß% auf 37%).
Außerhalb des Projekts konnten die Nicht-Teilnehmer der Aktion nur durch die Medien vom Weissen Ring erfahren.
Dies gelingt allerdings nur in sehr wenigen Fällen. Ohne das Projekt zum Weissen Ring hörten Jugendliche normalerweise nur in Ausnahmefällen etwas von der Opferschutzorganisation Weisser Ring (5%).
Allerdings sind bei den meisten Jugendlichen, unabhängig von der Teilnahme am Projekt, zumindest der Tätigkeitsbereich und die Logofarbe des Weissen Ring bekannt. Letzteres mag natürlich aus dem Banner über unserem Schulhauseingang resultieren.
Eindeutig nachweisen lässt sich, dass die Schüler, die an der Aktion teilgenommen haben, die Zielsetzung Opferschutz eher mit dem Weissen Ring in Verbindung bringen, als diejenigen, die nicht teilgenommen haben (55% gegenüber 33%).
Dass der Weisse Ring von Jugendlichen generell wenig aktiv unterstützt wird, war schon vor der Befragung zu erwarten. Dies war ja auch der Anlass zu dem Projekt. Erfahrungsgemäß werden eher ältere Menschen Mitglieder und Unterstützer einer Opferschutzorganisation. Immerhin geben 2% der Jugendlichen an, schon einmal etwas an den Weissen Ring gespendet zu haben.
Bei den nachfolgenden Fragestellungen wurden nur die Antworten von Teilnehmern der Aktion berücksichtigt. Bitte beachten Sie, dass die Ergebnisse Äußerungen der Befragten sind. Diese müssen nicht zu 100 % der Wahrheit entsprechen und können auch nicht nachgeprüft werden.
Fast jeder Vierte der befragten Schüler wurde durch die Aktion zum Nachdenken angeregt und hat sich vorgenommen, etwas zu unternehmen - wie zum Beispiel etwas zu spenden oder sich ehrenamtlich zu engagieren.
Es stellte sich heraus, dass zumindest jeder dritte Teilnehmer sein Verhalten sowohl in der Schule als auch in der Arbeit verändert hat - zumindest sagen das die von uns Befragten.
Leider haben nur knapp ein Fünftel der Teilnehmer die Aktion zum Anlass genommen, mit Freunden oder Bekannten über den Weissen Ring zu sprechen.
Und leider haben auch nur 3 % der Befragten eine Änderung in ihrer Klassengemeinschaft festgestellt. Wir wissen allerdings nicht, wie die Klassengemeinschaft dieser Schüler vor dem Projekt war und ob eine Änderung zum Besseren hin überhaupt nötig wäre.
Im Bezug auf die Sensibilisierung im Hinblick auf den Schutz von Gewaltopfern zeigen die Ergebnisse keine gravierenden Unterschiede zwischen den Teilnehmern und Nichtteilnehmern an der Aktion "Weisser Ring".
Allerdings war die Beteiligung am Projekt offensichtlich auch nicht völlig ohne Einfluss, da die positiven %-Zahlen der Teilnehmer bei allen Fragen zumindest geringfügig höher als die der Nichtteilnehmer sind. Den größten Unterschied gabe es bei der Frage, ob man sich gemeinnützig engagieren solle (91% gegenüer 85%), wobei die Befragten hier an erster Stelle an einen Sportverein denken. Und zumindest 33% gegenüber 27% würden nun nach dem Projekt Opfern von Gewalttaten den Weissen Ring empfehlen.
Dies zeigen die folgenden Gegenüberstellungen (abwechselnd Grafiken von Teilnehmern und Nichtteilnehmern):
Auch bei der Frage, ob Opfer selbst schuld seien, sind bei den Teilnehmern zumindest 5% mehr der Ansicht, dies sei nicht so.
Bei der (offenen) Begründung der obigen Antworten zu "Ja" nannten die Befragten vor allem folgende Beispiele dafür, weshalb Leute, denen Gewalt dieser Art angetan wird, selbst daran schuld sind:
Die obigen Auswertungen zeigt deutlich, dass das Projekt bei den teilnehmenden Jugendlichen eine Wirkung gezeigt hat.
Dies wird insbesondere in zwei Hinsichten deutlich:
Knapp ein Viertel der Befragten wurden durch die Befragung zum Nachdenken über Opferschutz angeregt. Viele der Teilnehmer nahmen ihre Eindrücke mit nach Hause und redeten mit Bekannten und Freunden über den „Weissen Ring“.
Schüler nahmen offenbar auch ihre Eindrücke als Anlass dafür, ihr eigenes Verhalten zu überdenken oder ehrenamtliche Tätigkeiten aufzunehmen.
Leider hatte die Aktion wenig Einfluss auf die Klassengemeinschaft (Stichwort: Mobbing). Wir wissen allerdings nicht, wie die Klassengemeinschaft in den befragten Klassen tatsächlich ist bzw. ob eine Verbesserung nötig wäre.
Allerdings gaben jeweils 10% der Befragten an, dass sie bei schwierigen Situationen eingreifen würden oder Schüler über die Aktion aufklären wollen.
Mut macht auch, dass viele der Befragten in der Arbeit aktive Beobachtungen machen wollen und bei Mobbing eingreifen und als Streitschlichter unter Kollegen fungieren wollen.
Die Hälfte der Befragten nahm an der Aktion teil, von ihnen können sich 87% noch an die Aktion selbst erinnern. 40% konnten sich auch noch an das weiße Banner über dem Haupteingang der Schule erinnern. Das Projekt hat somit einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Der Bekanntheitsgrad des Weissen Ringes wurde durch die Schulaktion deutlich gesteigert (47% auf 81%), da vielen die Organisation unbekannt war.
Den Schülern ist allerdings überwiegend bekannt, worum es beim Weissen Ring geht und wie das Organisationszeichen ausschaut. Dies könnte allerdings auch an dem Banner über unserem Schulhauseingang liegen.
33% gegenüber 27% würden nunmehr Freunden den Weissen Ring als Anlaufstation empfehlen, wenn diese Opber von Gewalttaten geworden wären.
Insgesamt kann und muss man daher das Projekt auch unter dem Aspekt der "Wirksamkeit" als erfolgreich bezeichnen.
Schulprojekte bzw. Schülerprojekte können also etwas bewirken.
Die Folgefrage, ob dies auch für andere oder gar für alle schulischen Projekte bzw. Schülerprojekte gilt, kann mit unserer Untersuchung natürlich nicht beantwortet werden.
So soll auch nicht verschwiegen werden, dass 15% der angeblichen Teilnehmer des Aktionstages sich nicht mehr an den Inhalt erinnern konnten. Dies gilt auch für die Tatsache, dass einige der gemessenen Einstellungs- und Verhaltensänderungen geringer waren als erhofft (nur 33% gegenüber vorher 27% würden jetzt den Weissen Ring empfehlen).
Trotz dieser Einschränkungen ist aber unzweifelhaft festzustellen, dass die Aktion des letzten Schuljahres die Adressaten erreicht und bei diesen etwas bewirkt und verändert hat. Mehr kann man mit einem Schülerprojekt wohl kaum erreichen.
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(*) Zum Wirksamkeitsbegriff und Nachhaltigkeitsbegriff vgl.die Rubrik "Begriffsklärung".